Scherbenleben

Leben in einer besonderen Wohnform für psychisch kranke Erwachsene

Stimming


Stimming bedeutet so viel wie Selbststimulation und dient dazu, Reize, die von außen auf den Autisten rein brechen, zu regulieren. Dies kann durch Bewegungen passieren oder durch spielen mit speziellem Stim Spielzeug. Später kommen einige Beispiele für Stimming.
Stimming ist für Autisten wichtig, weil es eine Möglichkeit darstellt, die Reize zu regulieren, die von außen hereinbrechen und so versucht Meltdowns und Shutdowns herauszuzögern oder zu verhindern, gleichzeitig sorgt es dafür, dass der Autist etwas ruhiger bleiben kann und sich wohlfühlt. Es ist ein normaler Ausdruck des seins bei Autisten, der keinen Krankheitswert besitzt.

Nun schauen wir uns an, wie man stimmen kann. Es kann in jedem Bereich passieren, motorisch, verbal und oral.
Motorisch können unter anderem Bewegungen wie Hände flattern oder herumlaufen sein. Auch Bewegungen wie das Spielen mit den eigenen Händen, an den Haaren oder mit der Kleidung gehören dazu, es kann auch zu selbstverletzendem Stimming kommen, dazu ein Blogartikel einer bekannten Therapeutin hier.
Verbales Stimming ist das, was der Umwelt am meisten Irritation zufügt. Hierzu können unter anderem das Nachsprechen von Worten anderer, das Wiederholen immer desselben Lauts und das scheinbar sinnlose Machen von Geräuschen zählen. Wobei man anmerken muss, dass es natürlich einen Sinn hat, der aber von außen nicht unbedingt erkennbar ist.
Zu oralem Stimming gehört alles, was man in den Mund steckt. Kauen an T-Shirts, an Haaren, an Stimmspielzeug an den Fingern, Nägel kauen.

In welchen Situationen Stimmen Autisten?
Generell können Autisten immer stimmen, weil es sich “gut” anfühlt, gewisse Bewegungen oder Aktionen zu machen. Insbesondere in sensorisch überlastenden Situationen kommt es aber vermehrt zu Stimming. Zum Beispiel in der Schule, wenn sehr viele Menschen um einen rum sind und man dem nicht ausweichen kann. Auch in anderen sensorisch belastenden Situationen wie in den öffentlichen Verkehrsmitteln oder im Wartezimmer beim Arzt kann es zu Stimming kommen.
Hier gilt es noch mal zu betonen, dass Stimming nichts Krankhaftes ist. Vermehrtes Stimming ist jedoch ein möglicher Hinweis, dass es gut wäre, die Situation zu verlassen.
Stimming sollte in keinem Fall unterbunden oder verboten werden, maximal die Anregung auf eine andere Art zu stimmen als jene, die einen stört bietet sich an. Stimming ist integral für das Wohlbefinden autistischer Menschen.

Schauen wir uns ein paar Vorurteile über Stimming an:
Stimming ist unnatürlich und krank.
Stimming ist nicht unnatürlich und nicht krank, auch nicht Autisten und neurotypische Menschen stimmen zu einem gewissen Grad, nur oft unauffälliger als Autisten. Stimming dient der Selbstregulation und sollte als solches gesehen werden.

Stimming ist Selbstverletzung.
Einige Formen von Stimming sind eventuell selbstverletzend, aber bei Weitem nicht alle. Auch steht die Verletzung im Gegensatz zu klassischer Selbstverletzung nicht im Vordergrund, sondern wird nur in Kauf genommen. Um anderen schlimmeren Reizen auszuweichen.

Stimming ist ein Zeichen für mangelnde Intelligenz.
Auch sehr kluge Autisten stimmen, Stimming sagt nichts über die Intelligenz aus, sondern nur über die Reizempfindlichkeit.

Nun ein paar Tipps für Angehörige junger Autisten und für Betreuer erwachsener Autisten zum Thema Stimming. Es ist wichtig, die autistische Person stimmen zu lassen. Dies hat keinen Krankheitswert, sondern ist eine normale Reaktion. Stimming kann in Bahnen verlaufen, die ungut für den Stimmenden oder das Umfeld sind. Hierbei sei vor allem genannt, dass es das Umfeld nervt. In diesem Fall bietet es sich an zu versuchen, dass Stimming auf einen anderen Weg, um zu leiten, zum Beispiel orales statt verbales Stimming oder spielen mit anderen Stimmspielzeugen. Die Suche nach “fidget” auf Amazon bringt allerlei Stimmtoys zum vorscheint, welche Autisten helfen könnten.


Eine Antwort zu “Stimming”

  1. NTs stimmen eigentlich sehr oft. Haare um den Finger wickeln, mit den Füßen wackeln, Kaugummi kauen oder Kugelschreibermine rein und raus sind ziemlich häufig anzutreffen. Und sie begründen es auch meistens mit “Ich bin nervös”. Also die gleiche Motivation wie Autisten. Autisten werden halt oft schneller oder intensiver nervös.

    Aber wird Stimming nur betrieben, um sich zu beruhigen? Ich glaube, manchmal dient es auch dazu, sich anzuregen.

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