Es wäre nichts Großes anders, die Sonne würde aufgehen, die Erde sich weiter drehen, der Himmel wäre bewölkt wie immer in dieser Jahreszeit. Doch ich wäre anders, ausgeschlafen, mit Energie. Ich wäre fröhlich für 2. Alles wäre gut, doch was ist “alles”?
Die großen Probleme wären gelöst, die Luft wäre atembar, meine WG Kollegen hätten genug Geld für ein menschenwürdiges Leben. Allgemein wären alle entspannter. Alles wäre gut, die Ukraine nicht mehr im Krieg, die Nachrichten verkünden, dass wir einen Rekord an Menschlichkeit haben. Die Wolken am Himmel regnen klares Wasser, statt Schadstoffe, die Obdachlosen haben einen Schlafplatz für die Nacht.
Doch was wäre für mich anders? Was wäre bei mir anders?
Ich würde sehen, klar sehen, keine verschwommene Umgebung. Ich wäre dünn, kein übermäßiges Bauchfett mehr. Ich könnte ohne Maske schlafen. Meine Freunde haben mich immer noch gern, mein Computer läuft ohne Probleme.
Doch gehen wir weg von der Fantasie. Du wachst morgens auf und es wird ein guter Tag, woran merkst du das?
Ich bin ausgeschlafen, die Nacht war ohne Albträume und wach liegen. Meine Freundin antwortet mir rasch auf den Morgengruß, ich fühle mich fit und packe meine Sachen zum Schwimmen. Ich habe tolle Dinge vor, Literaturgruppe, Kochgruppe, der Tag fühlt sich nicht nach “Pflicht” an, sondern nach Kür, die Farben sind satt und die Luft frisch, die Musik, die ich höre, ist fröhlich, was gibt, was ich will zum Frühstück. Ja, ein guter Tag!
Alles ist gut. Auch heute schon gibt es solche Momente.
Und doch ist an manchen Tagen alles schwer, wenn wir uns wünschen, das alles anders wäre, wenn wir uns wünschen, das alles unserem Bild von gut entspricht. Doch muss es dafür immer die Utopie sein, oder können wir unser Glück im Alltag finden? Alles ist gut und heute ist so ein Tag.